Durch die Separation (Flurbereinigung), die im Herbst des Jahres 1858 in Wulferstedt abgeschlossen war, veränderte sich auch der Ablauf unserer Schützenfeste. Der Anger unter den Wellerwänden war zum Baugelände erklärt worden und fiel deshalb als Festwiese weg. Aber die Gemeinde hatte schon einen Platz bei der Separation als Bleiche reserviert, der dann zum Schützenplatz erklärt wurde.
Ab 1860 lief das Schützenfest folgendermaßen ab:
Mittwoch: Um 19:00 Uhr erhielten der Gemeindevorsteher, ab 1875 auch der Amtsvorsteher, der alte Schützenkönig, die Schützenherrn und die Offiziere der Schützengesellschaft ein Ständchen. Danach schrieben sich die Schützen von 20:00 bis 22:00 Uhr im Rohlandschen Gasthof in die Schützenliste ein und es fand ein Konzert statt.
Donnerstag: Am Morgen erhielten der Schützenkönig und der Vorstand abermals ein Ständchen. Um 08:00 Uhr versammelten sich die Schützen im ehemaligen Gemeindekrug (früher Rohland, heute schwarzer Adler). Die Fahnen wurden vom Gemeindevorsteher abgeholt. Nach dem Abholen des alten Königs ging es gegen 09:00 Uhr zum Festplatz. Hier fand dann vor dem scheidenden Schützenkönig ein Parademarsch statt. Danach gab es im Festzelt Frühstück. Nach dem Frühstück begann das Königsschießen. Ab 14:00 Uhr war Tanz, in einem Zelt für die verheirateten Schützen, im anderen für die unverheirateten. Da aber am Nachmittag kaum jemand tanzte, bevölkerten die Schulkinder die Tanzflächen. Um 18:00 Uhr wurde der beste Schütze zum König ausgerufen und um 19:00 Uhr erfolgte der Einzug der Schützen mit dem neuen König.
Gleichzeitig wurden in der Ratsstube im ehemaligen Gemeindekrug die Gewinne an die besten Schützen verteilt. Danach war in beiden Zelten Tanz, wobei die Kapelle zwischen den zwei Zelten saß und für beide spielte.
Freitag: Dieser Tag verlief in gleicher Weise wie der Donnerstag es wurde aber um Geldgewinne geschossen. Am Tanz beteiligten sich jedoch wesentlich mehr als am Tag vorher.
Sonntag: Am Sonntag erfolgte um 14:00 Uhr nach dem Abholen der Fahne und des Schützenkönigs der Auszug der Schützen. Anschließend wurde getanzt, gewöhnlich bis Montagmorgen.
Der damalige Lehrer Fr. Brettschneider organisierte gegen den Willen des Ortspredigers Dr. Stephan Kunze schon im Jahre 1832 das erste Kinder-Freischießen. Es fand zuerst im Rahmen des Schützenfestes statt. Ab dem Jahr 1872 wurde noch der Samstag einbezogen und zum Kindertag bestimmt.
Samstag: Morgens versammelten sich die Knaben vor dem Haus des Leutnants und marschierten zum Hauptmann. Von dort ging es zum Pusterohrkönig, der zuerst ein Ständchen bekam und dann zum Festplatz begleitet wurde. Danach erfolgte das Ausschießen des neuen Königs im Zelt. In dieser Zeit erfolgte der Auszug der Mädchen mit ihrer Königin. Danach starteten sie das Kranzlaufen. Wer am schnellsten beim Laufen den Kranz erreiche und ihn ergriff war Kranzkönigin.
Indessen stand der neue Pusterohrkönig fest und wurde mit Musik nach hause gebracht. Um 14:00 Uhr begann dann der Tanz der Kinder, der unter Aufsicht der Lehrer bis gegen 22:00 Uhr dauerte.
Zu allen Zeiten war die Musik zum Tanzen wichtig. Hier ein Bild der Musikkapelle Schwanebeck aus dem Jahr 1904
Die folgenden Kinderkönige und Kranzläuferinnen konnten bis zum Jahre 1914 ermittelt werden:
Pusterohrkönig | Kranzläuferin | ||
1881 | Heinrich Schröder | Friedericke Böhmer | |
1893 | Sohn des Ausehers Bauer | Helene Loof | |
1902 | Hermann Barnbeck | Emma Schäckel | |
1906 | Friedrich Groß | Anna Denecke | |
1908 | Otto Knackstedt | Otilie Meyer | |
1909 | Otto Knackstedt | Mathilde Oppermann | |
1910 | Richard Knackstedt | Frieda MAushacke | |
1911 | Robert Becker | Lisbeth Schulze | |
1912 | Heinrich Becker | Hedwig Heinemann | |
1913 | Gustav Beyer | Else Roland | |
1914 | Heinrich Behrens | Erna Müller |
Im Jahre 1898 wurde beschlossen, dass der Schützenkönig jedes Jahr von der Schützengesellschaft einen Orden bekommen soll. Den ersten Orden bekam der Bäckermeister Karl Zähle, der im Jahre 1898 Schützenkönig wurde. Dies ist der Urgroßvater von Annedore Lange, die 1998 Schützenkönigin wurde.
Die Schützenkönige in der Zeit von 1862-1914
1862 | Bäcker Friedrich Loof | 1889 | Kossath Andreas Loof | |
1863 | Müller Christoph Krüger | 1890 | Müller August Krüger | |
1864 | Kossath Christioph Möring | 1891 | Stellm. Christoph Roloff | |
1865 | Häusler Christoph Rohloff | 1892 | Klempner Karl Dorndorf | |
1866 | kein Schützenfest (Krieg) | 1893 | Heinrich Büchtemann | |
1857 | Häusler Andreas Möring | 1894 | Christoph Brinkmann | |
1868 | Bäcker Friedrich Müller | 1895 | Häusler Ernst Dippe | |
1869 | Kossath Christoph Wegener | 1896 | Gasstwirt Gustav Markworth | |
1870 | Heinrich Oehlmann | 1897 | Ackermann Julius Schrader j. | |
1871 | Häusler Christoph Wipper | 1898 | Bäckermeister Karl Zähle | |
1872 | Häusler Christoph Wipper | 1899 | Landwirt Hermann Schulze | |
1873 | Halbsp. Heinrich Möring | 1900 | Friedrich Bendeler | |
1874 | Sattler Christoph Krüger | 1901 | Landwirt Heinrich Rohlandt | |
1875 | Maurer Heinrich Gans | 1902 | Maurer Heinrich Behrens | |
1876 | Häusler Christoph Wipper | 1903 | Kossath August Möring | |
1877 | Heinrich Gottlieb Schmidt | 1904 | Landwirt Hermann Schulze | |
1878 | Landwirt Christ. Schröder | 1905 | Landwirt Heinrich Angenstein | |
1879 | Halbsp. Heinrich Möring | 1906 | Knecht Eduart Ebert | |
1880 | Maurer Friedrich Blenke | 1907 | Kossath Heinrich Müller | |
1881 | Knecht Andreas Siebert | 1908 | Kossath Christoph Hansen | |
1882 | Häusler Heinrich Kirchner | 1909 | Landwirt Heinrich Schröder | |
1883 | Barbier Ernst Reinicke | 1910 | Müller Heinrich Breitmeyer | |
1884 | Gastwirt Christoph Heyer | 1911 | Landwirt Andreas Müller | |
1885 | Barbier Ernst Reinicke | 1912 | Landwirt Ernst Heine | |
1886 | Barbier Ernst Reinicke | 1913 | Lehrer Paul Schulz | |
1887 | Arbeiter Friedrich Rössing | 1914 | Kossath Heinrich Schmidt | |
1888 | Arbeiter Andreas Holstein |